Rückblick:
Im zweiten Teil „Ein 12-jähriger Legastheniker als Lesekritiker von Oma Herta und die Schmuggler-Bande“ der Serie „Legastheniker brauchen gute Bücher“ konntest du lesen, wie ein betroffener Junge das Buch von Anja Stein beurteilt. Er fand, dass es witzig, spannend und cool geschrieben sei.
Vorschau:
In diesem dritten Teil „Ein Interview mit einer Buchexpertin“ zeige ich dir die Antworten zum Interview mit Anja Stein. Du erfährst unter anderem, wer sie ist, welche Projekte sie begleitet und welche Kriterien ein gutes Buch für Legastheniker erfüllen sollte. Hochinteressante Antworten, die du unbedingt lesen solltest! Sicherlich kannst du dort auch einige Tipps für dein Kind mit Legasthenie finden.
Alle Teile der Serie
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Teil 1: Was hat eine Mail mit guten Büchern für Legastheniker zu tun?
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Teil 2: Ein 12-jähriger Legastheniker als Lesekritiker von Oma Herta und die Schmuggler-Bande
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Teil 3: Ein Interview mit einer Buchexpertin für Legastheniker
Ein Interview mit Anja Stein, der Buchexpertin für Legastheniker
In dem Interview gibt sie dir hilfreiche Tipps zu den Kriterien eines guten Buches für Legastheniker und Anregungen, wie du dein Kind mit Legasthenie zum Lesen motivieren kannst.
Du vertrittst Autoren, die Bücher für Legastheniker schreiben. Welche Bedeutung hat dieses berufliches Engagement für dich persönlich?
Eigentlich war es eher umgekehrt. Die Autoren schreiben die Bücher nach meinen Vorgaben bzw. bearbeite ich die Texte im Nachhinein so, dass sie meinen Leichter-lesen-Kriterien entsprechen. In meiner beruflichen Praxis habe ich immer wieder gute Bücher vermisst, die für Kinder mit Leseschwierigkeiten leicht zu lesen sind. Die meisten waren zu dick, zu kompliziert, die Schrift war zu klein. Ich habe oft viel Zeit damit verbracht, Texte und ganze Bücher einzuscannen und zu bearbeiten, damit sie meine Schüler besser lesen können, dachte aber gleichzeitig immer, dass das bestimmt doch anderen genauso gehen muss. Dann bin ich auf einen Kurs gestoßen, der Schritt für Schritt zeigt, wie man Bücher veröffentlicht und so führte eins zum anderen.
Welche Kriterien machen deines Erachtens ein Buch zu einem guten Buch für Legastheniker oder für Kinder mit einer LRS?
1. Das Buch sollte spannend, interessant und teilweise auch humorvoll sein – gleich von Anfang an, damit der Leser möglichst in die Geschichte reingezogen wird.
2. Es sollte eine ansprechende Aufmachung haben und überschaubar vom Umfang her sein. Meine Bücher haben zwischen 9000 und 12.000 Wörter.
3. Die Schrift muss relativ groß und legasthenie-freundlich (ich verwende ABeeZee) sein, die Buchstaben etwas weiter auseinander als normal, der Zeilenabstand sollte etwas größer sein und es gibt viele Absätze, die Sätze enden jeweils auf der Seite.
4. Außerdem verwende ich Flattersatz – das sieht zwar nicht so schön aus, erleichtert aber die Orientierung. Ich habe da viel rumprobiert und die Auswirkungen auf das flüssige und genauere Lesen waren mit diesen Merkmalen ganz erstaunlich.
5. Die Sätze sollten nicht zu lang und von der Struktur her eher einfach sein und keine bis wenige Fremdwörter, Redewendungen und vor allem auch keine „Untertöne“ und übertragene Bedeutungen haben. Kindern mit Leseschwierigkeiten erschließt sich das meiner Erfahrung nach meist nicht so richtig.
Kurz gesagt: Ein gutes Buch ist generell eins, das einen anspricht, mit einer tollen, spannenden Geschichte, das man leicht und flüssig lesen kann und gut versteht. Sonst macht es keinen Spaß und wozu soll man es dann machen?
Buch „Oma Herta und die Schmugglerbande“ ist eines von vielen Büchern, das du präsentierst. Wie findest du die Autoren, die diese besonderen Bücher schreiben?
Ich hatte eine Anzeige mit meinen Vorstellungen in die Texterjobbörse gestellt und viele tolle Zuschriften bekommen. Ich kam noch gar nicht dazu, alle dieser schönen Geschichten zu veröffentlichen.
Hast du noch weitere Bücher, die du empfehlen kannst?
Meinen Sie das generell oder von meinen Büchern? Von meinen Büchern kann ich alle empfehlen 😉 Aber sie sind sehr verschieden, da hat jeder seine Vorlieben. Älteren (ab 11) gefällt oft „Ein unerwartetes Abenteuer“ und „Finn und Frieda“, am leichtesten zu lesen ist „Lisis total verrückte Woche mit Kalli dem Kobold“. Ansonsten stehe ich total auf die „Das magische Baumhaus“-Reihe. Ich habe auch etliche Büchervorschläge auf meiner Facebook-Seite, die Liste ist aber noch sehr unvollständig…
Was rätst du Eltern, wie sie ihre Kinder zum Lesen begeistern?
Viel gemeinsam lesen. Im Idealfall merken die Kinder, wie toll es ist, in eine Geschichte einzutauchen, mitzufühlen, darüber nachzudenken, weiterzuspinnen, darüber zu diskutieren. Das macht viel mehr Spaß, als einfach nur einen Film zu kucken, wo alles schon „fertig“ ist. Ich bin selbst ein totaler Bücherwurm und habe meinen eigenen Kindern immer viel vorgelesen und tue es noch, obwohl mein jüngeres Kind bereits 12 ist. Wir genießen es total, zusammen zu lesen. Das macht Kinder zwar nicht automatisch selbst zu begeisterten Lesern, aber ich schätze, es hilft. Auch in der Therapie lese ich mit meinen Schülern gemeinsam, empfehle ihnen Bücher, „nötige“ sie, welche zu lesen. Und manchmal kommt die Sache dann ins Rollen…
Wo findet man dich?
Du findest mich auf Instagram unter abenteuer_lesen, meiner Facebook-Seite und meine Therapeutenseite ist www. lerntherapie-boehl-iggelheim.de. Da findest du auch teilweise Leseproben der Bücher unter der Rubrik „Leseclub“.