Ist es nicht erstaunlich, dass die Neurobiologie uns ermöglicht, die Ursachen für die Symptomatik von ADHS zu verstehen, damit wir als pädagogische Fachkräfte begleiten und fundiert beraten können?
In Kürze zum Verständnis: Es handelt sich um das Verstehen des Neurotransmitterstoffwechsels im synaptischen Spalt! Ein Dopaminmangel ist verantwortlich für spezielle Verhaltensweisen, Wahrnehmung und kognitive Fähigkeiten, die wir bei ADHS alle kennen, den sogenannten exekutiven Funktionen.
Sich komplexes ADHS-Fachwissen zu erarbeiten, bereitet Mühe und kostet viel Zeit!
Auch eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig.
Charles Dickens
In diesem Blog erkläre ich dir, wo der Dopaminmangel entsteht, was dort passiert, warum dies so ist und welche Wirkung Medikamente beabsichtigen.
Eine Reise in die Neurobiologie
Der synaptische Spalt – Entstehungsort des Dopaminmangels
Ich möchte dich nun auf die Reise in das Gehirn eines ADHS-betroffenen Menschen mitnehmen.
Unsere Reise beginnt in einer Nervenzelle, auch Neuron genannt, die das Grundelement unseres Nervensystems darstellt.
Nervenzellen übertragen Reize und Signale, nehmen sie auf und leiten diese weiter. Den Aufbau der Nervenzelle kannst du dir bei Interesse im Film „Bau und Funktion von Nervenzellen- Nervensystem einfach erklärt“ anschauen.
Um die Entstehung des Dopaminmangels erklären zu können, begeben wir uns zu den Synapsen. Die Signalübertragung zwischen zwei Synapsen erfolgt durch die Weitergabe von Botenstoffen, den Neurotransmittern.
Dies geschieht zwischen der Prä- und Postsynapse im synaptischen Spalt. An diesem Ort wird eine Verbindung zu den anderen Nervenzellen hergestellt.
Die drei wichtigsten Bereiche kennst du jetzt:
- die Präsynapse (in Abb. oben)
- der synaptische Spalt zwischen den Nervenzellen
- die Postsynapse (in Abb. unten)
Jetzt wird es interessant! Was passiert in den drei Bereichen Präsynapse, synaptischer Spalt und Postsynapse?
In der Präsynapse wandert das Vesikel (blauer Kreis), welches mit Dopamin (gelbe Punkte), dem Neurotransmitter gefüllt ist nach unten, um mit der Zellwand zu verschmelzen. Dann wird das Dopamin in den synaptischen Spalt abgegeben.
Exkurs – Was ist Dopamin?
Dopamin ist ein anregender Botenstoff oder auch Neurotransmitter genannt. Er verarbeitet Informationen zwischen den Nervenzellen. Dopamin wird in der Präsynapse in Vesikeln gespeichert und durch elektrische Signale der Nervenzellen in den synaptischen Spalt freigesetzt. Es wird als Glückshormon bezeichnet und vermittelt bei seiner Ausschüttung positive Glückserlebnisse. Dadurch entsteht ein Belohnungseffekt, der sich langanhaltend auf eine längerfristige Motivationssteigerung und Förderung der Antriebsfähigkeit auswirkt.
Prozess im synaptischen Spalt
Verbindung Dopamin an den Rezeptoren der Postsynapse
Nun beobachten wir die Bewegung des Dopamins (Abb. gelbe Punkte) im synaptischen Spalt. Hier siehst du, dass auf der einen Seite der Botenstoff zum Teil zu der Postsynapse wandert, um dort nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an einen Rezeptor (Abb. blaue Gebilde unten) anzudocken. Ein Signalimpuls wird ausgelöst.
Rückführung der Neurotransmitter durch die Dopamintransporter der Präsynapse
Richte deinen Blick nochmals zur Präsynapse. Dort wandert ebenfalls das Dopamin über die Dopamintransporter (Abb. grüne Gebilde oben) wieder zurück in die Präsynapse und wird abgebaut.
Warum ist das so? Dopaminmangel
Jetzt richtet sich unsere Aufmerksamkeit auf die Dopamintransporter (Abb. grüne Gebilde oben). Du erinnerst dich, dass während der Bindung an die Rezeptoren (Abb. blaue Gebilde unten), Dopamin (Abb. gelbe Punkte) über die Dopamintransporter wieder zurückgeführt wird.
An dieser Stelle wird nun deutlich, warum bei ADHS ein Dopaminmangel im synaptischen Spalt entsteht.
Bei ADHS-Betroffenen finden sich an der Präsynapse eine höhere Anzahl der Dopamintransporter (Abb. grüne Gebilde Oben).
Durch diese kann mehr Dopamin aus dem synaptischen Spalt zurückgeführt werden.
Dieser Zustand führt dazu, dass nicht genügend Dopamin an die Rezeptoren anbindet (Abb. blaue Gebilde unten).
Dies bezeichnet man als Dopaminmangel.
Was kann man dagegen tun? Wirkungsweise der Medikamente
Die Gespräche mit Eltern, Lehrer, Pädagogen, betroffenen Kindern und Jugendlichen in meiner Praxis lassen mir immer wieder klar werden, wie umstritten die Einnahme der Medikamente bei ADHS ist. Ein heißes Eisen, welches meines Erachtens auch mit kritischen Augen von Fachärzten beurteilt werden sollte. Dennoch zeigt das folgende Beispiel die Wirkungsweise von Methylphenidat bei Dopaminmangel, eine der Ursachen von ADHS.
Medikamente, wie Methylphenidat (Abb. orange Rauten) reduzieren den Dopaminmangel. Sie blockieren Dopamintransporter (Abb. grüne Gebilde Oben, rote Kreuze).
Dies führt dazu, dass mehr Dopamin (Abb. gelbe Punkte) im synaptischen Spalt verbleibt und sich an die Rezeptoren (Abb. blaue Gebilde Unten) bindet. Es entstehen stärkere Signalimpulse.(Abb. Wellen unten). Weiterhin wandert Dopamin über die nicht blockierten Dopamintransporter (Abb. grüne Gebilde, Haken) ab und wird abgebaut.
Zusammenfassung Dopaminmangel im synaptischen Spalt
Ich wünsche mir eine offene, dennoch kritische Haltung gegenüber der Medikamentenverabreichung. Das Fachwissen über die neurologischen Prozesse hilft, nicht begründbare Vorbehalte abzubauen. Viele positive Beispiele aus meiner Therapie zeigen, dass Verhalten und die exekutiven Funktionen durch Medikamente positiv beeinflusst werden, was wiederum den Teufelskreis unterbrechen kann!
Mit klarer Sicht voraus! Eure Jeannine
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